Cum-ex-Geschäfte — steuerliche und strafrechtliche Implikationen

cum-ex-dividende

Cum-ex-Geschäfte, also Aktiengeschäfte um den Dividendenstichtag, namentlich in Verbindung mit Leerverkäufen (sog. „Dividenden-Stripping“) sind seit 01.01.2012 zwar nicht mehr möglich. Die noch offenen Altfälle haben jedoch in den letzten Monaten wieder verstärkte Aufmerksamkeit in den Medien erfahren. Ende November 2012 fand sogar bei einer involvierten Bank in München eine Durchsuchung seitens der Staatsanwaltschaft wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung statt. In einem früheren Beitrag (FR 2011, 69) hatte der Verfasser bereits auf mögliche steuerstrafrechtliche Implikationen hingewiesen. Die jüngsten Ereignisse bieten Anlass für eine tiefer gehende Betrachtung. Die Aussagen dieses Beitrags zur strafrechtlichen Verantwortlichkeit von steuerlichen Beratern beanspruchen jedoch losgelöst von der Thematik der cum-ex-Geschäfte allgemeine Gültigkeit.

I. Steuerlicher Hintergrund

1. Das Kapitalertragsteuerabzugssystem bis 31.12.2011 – Besonderheiten bei Leerverkäufen

Nach dem alten bis 31.12.2011 geltenden System des Kapitalertragsteuerabzugsverfahrens hatten deutsche Aktiengesellschaften nach § 43 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG-a.F. Kapitalertragsteuer i. H. v. 25 % der Bruttodividende einzubehalten und die Nettodividende dann dem Anteilseigner – bei börsengehandelten Aktien regelmäßig über dessen depotführendes Kreditinstitut – auszuzahlen. Das Kreditinstitut stellte dem Anteilseigener sodann eine Kapitalertragsteuerbescheinigung nach § 45a Abs. 3 EStG-a.F. aus. Bei betrieblichen Anteilseignern greift nicht das Regime der Abgeltungsteuer und ist die Einkommen- bzw. Körperschaftsteuer mit dem Steuerabzug nicht abgegolten, § 43 Abs. 5 S. 2 EStG. Stattdessen wird die in der Bescheinigung ausgewiesene Kapitalertragsteuer bei den vorgenannten Anteilseignern gemäß § 36 Abs. 2 Nr. 2 EStG (ggf. i. V. m. § 31 Abs. 1 KStG) auf die Einkommen- bzw. Körperschaftsteuer angerechnet bzw. erstattet, wofür die Vorlage der nach § 45a Abs. 3 EStG-a.F. erstellten Steuerbescheinigung erforderlich war.[ref]Ausführlich auch Anzinger, RdF 2012, 394 ff.; Berger/Matuszewski, BB 2011, 3097 ff.; Desens, DStZ 2012, 142 ff.; Englisch, FR 2010, 1023 ff.; Kußmaul/Huwer/Kloster, RdF 2012, 314 ff.; Podewils, AG 2010, 391 ff.; Podewils/Zink, DStZ 2013, 177 ff.[/ref]

Eine Besonderheit bestand beim Verkauf von Aktien kurz vor dem Dividendenstichtag: Bei der Veräußerung börsennotierter Aktien, die regelmäßig bei Clearstream Banking als Wertpapiersammelbank verwahrt werden, geht das zivilrechtliche Eigentum erst mit der entsprechenden Umbuchung bei Clearstream über, welche erst vorgenommen wird, wenn der Veräußerer die Aktien zu liefern hat; dies ist nach den Börsenusancen der zweite Börsentag nach Geschäftsabschuss.[ref]Vgl. § 7 Abs. 1 der Bedingungen für Geschäfte an der Frankfurter Wertpapierbörse v. 12.10.2009 (Börsenusancen); Einsele in: MünchKomm HGB, 2. Aufl. 2009, Depotgeschäft, Rn. 97 und 108; Kußmaul/Huwer/Kloster, RdF 2012, 314, 315; Podewils, AG 2010, 391, 392; Rau, DStR 2007, 1192, 1193.[/ref]

Das – für steuerliche Zwecke maßgebliche – wirtschaftliche Eigentum geht nach § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 AO aber schon dann über, wenn der Erwerber die tatsächliche Sachherrschaft über das Wirtschaftsgut in der Weise ausüben kann, dass er den zivilrechtlichen Eigentümer im Regelfall für die gewöhnliche Nutzungsdauer von der Einwirkung auf das Wirtschaftsgut wirtschaftlich ausschließen kann. Bei Wertpapiergeschäften kann der Erwerber bereits am Tag des schuldrechtlichen Vertragsabschlusses über die Wertpapiere verfügen und sind insbesondere Gefahr, Nutzungen und Lasten der Wertpapiere, also Kurschancen und -risiken, auf ihn übergegangen.[ref]BFH, Urt. v. 15.12.1999 – I R 29/97BStBl II 2000, 527, 529 f.; bestätigt durch BFH, Beschl. v. 20.11.2007 – I R 85/05IStR 2009, 101; dazu Voss, DStR 2009, 1345 sowie Sorgenfrei, IStR 2009, 102; vgl. auch die Gesetzesbegründung zum JStG 2007 v. 25.09.2006, BT-Drs. 16/2712, S. 47; Schmieszek in: Beermann/Gosch, 36. Lfg., Stand: Mai 2002, § 39 AO Rn. 20.2; Englisch, FR 2010, 1023; Desens, DStZ 2012, 142, 148 ff.; Hahne, DStR 2007, 605, 607; FG Hamburg, Urt. v. 24.11.2011 – 6 K 22/10 – DstRE 2012, 1426, 1427 ff.; FG Hamburg v. 06.10.2010 – 5 K 22/10 – n.v.; a.A. hingegen Rau, DStR 2007, 1192, 1193; differenzierend Anzinger, RdF 2012, 394, 399 ff.[/ref]

Damit gibt es bei Aktiengeschäften um den Dividendenstichtag hinsichtlich derselben Aktie zwei Eigentümer: nämlich den Veräußerer als zivilrechtlichen und den Erwerber als wirtschaftlichen Eigentümer;[ref]Podewils, AG 2010, 391, m.w.N.; ferner auch FG Hamburg, v. 06.10.2010 – 5 K 22/10 – n.v.[/ref] dies gilt für börslich wie außerbörslich – OTC („over the counter“) – erworbene Aktien gleichermaßen.[ref]FG Hamburg, v. 06.10.2010 – 5 K 22/10 – n.v.; eingehend auch Englisch, FR 2010, 1023, 1028 ff.; Desens, DStZ 2012, 142, 148 ff. sowie DStZ 2012, 246, 249 f.; a.A. Rau, DStR 2011, 510.[/ref]

Bei einem „normalen“ Verkauf erhielt der Veräußerer indes weder die Dividende noch eine Steuerbescheinigung, da hinsichtlich der veräußerten Aktien ein Sperrvermerk in seinem Depot angebracht wird.[ref]Kußmaul/Huwer/Kloster, RdF 2012, 314, 316; Podewils, AG 2010, 391, 393.[/ref] Verkaufte der Veräußerer die Aktien hingegen „leer“, d. h. ohne entsprechenden Bestand in seinem Depot, konnte dieser Sperrvermerk keine Wirkung entfalten. Vielmehr war derjenige, bei dem der Veräußerer sich die Aktien noch beschaffen musste, am Dividendenstichtag noch Eigentümer dieser Aktien und erhielt dementsprechend sowohl die Nettodividende als auch die Steuerbescheinigung nach § 45a Abs. 3 EStG.[ref]Desens, DStZ 2012, 142, 143; Kußmaul/Huwer/Kloster, RdF 2012, 314, 318; Podewils, AG 2010, 391, 393.[/ref]

Zugleich erhielt jedoch auch der Erwerber einen Betrag in Höhe der Nettodividende gutgeschrieben sowie eine entsprechende Steuerbescheinigung, da er die Aktien „cum Dividende“ erworben hat und ihm daher auch im Falle eines Leerverkaufs durch den Veräußerer die Dividende zusteht. Bei der Gutschrift handelte es sich indes nicht um die von der jeweiligen Aktiengesellschaft ausgeschüttete Dividende, sondern um eine Dividendenausgleichszahlung („manufactured dividend“) dafür, dass der „leer“ verkaufende Veräußerer nicht in der Lage ist, einen eigenen Dividendenanspruch auf den Erwerber zu übertragen. Zu diesem Zweck belastete Clearstream Banking den Betrag der Nettodividende dem Depotkonto des Veräußerers und schrieb diesem dem Depotkonto des Erwerbers gut.

2. Reaktionen von Gesetzgeber und Finanzverwaltung

Um hieraus resultierenden Steuerausfällen entgegenzuwirken, reagierte der Gesetzgeber zunächst mit dem JStG 2007[ref]BGBl I 2006, 2878; hierzu Seip/Füllbier, BB 2007, 477, 479; Storg, NWB, Fach 3, 14327, 14321 f. = NWB 2007, 169, 173 f.[/ref] und unterwarf Dividendenausgleichszahlungen nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 S. 4 EStG der materiellen Steuerpflicht sowie nach Maßgabe der §§ 43 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, Abs. 3 S. 3, 44 Abs. 1 S. 3 EStG-a.F. der Kapitalertragsteuerpflicht. Abzuführen war die Kapitalertragsteuer nach § 44 Abs. 1 Satz 3 EStG -a.F. auf Rechnung des Erwerbers durch das inländische Kredit- oder Finanzdienstleistungsinstitut, das für den Veräußerer der Aktien dessen Verkaufsauftrag ausführte. Die von dem Kredit- bzw. Finanzdienstleistungsinstitut abgeführte Kapitalertragsteuer wurde dem Konto des Veräußerers zusammen mit der Dividendenausgleichszahlung belastet.[ref]Siehe BT-Drs. 16/2712, S. 48; Desens, DStZ 2012, 142, 143; Podewils, AG 2010, 391, 394.[/ref]

Die Anwendung von § 44 Abs. 1 S. 3 EStG-a.F. und damit der Einbehalt von Kapitalertragsteuer ging jedoch ins Leere, wenn die betreffenden Geschäfte ohne Intermediär oder über einen ausländischen Intermediär abgewickelt wurden.[ref]Anzinger, RdF 2012, 394, 397; Bruns, DStZ 2011, 676, 677; Desens, DStR 2012, 2473; Kußmaul/Huwer/Kloster, RdF 2012, 314, 320 f.; Podewils, AG 2010, 391, 394 f.[/ref]

Mit dem OGAW-IV-Umsetzungsgesetz wurde mit Wirkung ab 01.01.2012 die Abzugsverpflichtung verlagert.[ref] BGBl I 2011, 1126.[/ref] Die ausschüttende Aktiengesellschaft leitet nunmehr die Bruttodividende, sprich ohne Kapitalertragsteuerabzug, an die auszahlenden Stellen weiter; die Abzugsverpflichtung liegt nunmehr bei dem inländischen Institut, das die Kapitalerträge gutschreibt bzw. auszahlt oder – falls die Gutschrift bzw. Auszahlung durch eine ausländische Stelle erfolgt – bei der letzten inländischen Stelle, die die Beträge an die ausländische Stelle weitergeleitet hat.[ref]Zur Neuregelung Desens, DStZ 2012, 142, 153 f.; Kußmaul/Huwer/Kloster, RdF 2012, 314, 322 ff.[/ref] Steuerausfälle sind mit dem neuen System damit ausgeschlossen.

Für die Zwischenzeit hatte die Finanzverwaltung angeordnet, dass Kapitalertragsteuer dann nicht anzurechnen sei, wenn zwischen dem Leerverkäufer und dem Erwerber Absprachen bestehen, die einen wirtschaftlichen Zusammenhang zwischen dem Leerverkauf und dem Kauf begründen.[ref]BMF v. 05.05.2009, IV C 1-S 2252/09/10003, BStBl I 2009, 631; ergänzt durch BMF v. 21.09.2010, IV C 1-S 2252/09/10003:004, DStR 2010, 2082; dazu auch Bruns, DStR 2010, 2061; Podewils, AG 2010, 391, 396 f.; ferner Mühlhaus, ErbStB 2009, 214.[/ref]

Außerdem verlangte die Finanzverwaltung – rückwirkend ab 01.01.2009 – Angaben in der Steuerbescheinigung zu Kapitalerträgen aus Aktien, die „cum dividende“ erworben, aber „ex dividende“ geliefert wurden, ferner die Bescheinigung eines Steuerberaters bzw. Wirtschaftsprüfers, wonach diesem nach dem ihm möglichen Einblick in die Unternehmensverhältnisse und nach Befragung des Steuerpflichtigen keine Erkenntnisse über Absprachen des Steuerpflichtigen im Hinblick auf den über den Dividendenstichtag vollzogenen Erwerb der gegenständlichen Aktien sowie entsprechende Leerverkäufe, bei denen die §§ 44 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. 20 Abs. 1 Nr. 1 S. 4 EStG keine Anwendung gefunden hat, vorliegen.[ref] Zu Einzelheiten BMF v. 28.12.2009, IV C 1-S 2252/09/10003, DStR 2010, 52.[/ref]

Dass diese BMF-Schreiben mit rechtsstaatlichen Grundsätzen, namentlich Vorbehalt und Vorrang des Gesetzes sowie Rückwirkungsverbot unvereinbar waren bzw. sind, liegt auf der Hand, wurde aber bereits anderweitig eingehend dargestellt.[ref]Siehe Podewils, AG 2010, 391, 396 f.; Mühlhaus, ErbStB 2009, 214; Häuselmann, DStR 2009, 1996, 1997; eingehend zu den einzelnen Grundsätzen des Rechtsstaatsprinzips und deren Auswirkungen auf das Steuerrecht Lang in: Tipke/Lang, Steuerrecht, 20. Aufl. 2010, § 4 Rn 150 ff.[/ref]

II. Strafrechtlich relevantes Verhalten?

Finanzverwaltung bzw. Staatsanwaltschaft ermitteln derzeit, ob cum-ex- Transaktionen möglicherweise den Tatbestand der Steuerhinterziehung gemäß § 370 AO verwirklichen.

§ 370 AO setzt in objektiver Hinsicht zunächst voraus, dass der Täter Steuern verkürzt bzw. für sich oder einen anderen ungerechtfertigte Steuervorteile erlangt hat. Als Tathandlung kommen die Tatbestandsalternativen der § 370 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 AO in Betracht, also entweder unrichtige oder unvollständige Angaben gegenüber den Finanzbehörden über steuerlich erhebliche Tatsachen (Nr. 1) oder ein pflichtwidriges In-Unkenntnis-Lassen der Finanzbehörde über steuerlich erhebliche Tatsachen (Nr. 2).

1.Unrichtige Angaben, Verkürzungserfolg etc.

Naturgemäß scheidet eine Strafbarkeit a priori aus, wenn die strittigen Geschäfte steuerlich rechtmäßig sind. In diesem Fall hat der Steuerpflichtige nämlich weder Steuern verkürzt noch einen ungerechtfertigten Steuervorteil erlangt. Gleichfalls liegt keine Tathandlung, sprich keine fehlerhaften Angaben gegenüber der Finanzbehörde, vor. Insoweit bedarf es einer genuinen Prüfung des materiellen Steuerrechts.

In einem aktuellen AdV-Beschluss zu cum-ex-Geschäften hat das FG Kassel[ref]FG Kassel v. 8.10.2012, 4 V 1661/11, DStR 2012, 2381; dazu auch Amann, Der Betrieb – Steuerrechtsprechung kompakt 12/2012, 33; Anzinger, RdF 2012, 394; Desens, DStR 2012, 2473; Englisch, RdF 2012, 425.[/ref] die Auffassung vertreten, dass der Steuerpflichtige den Bescheid über die Anrechnung von Kapitalertragsteuer durch Angaben erwirkt habe, die in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gewesen seien. Die gegenständliche Aktiengeschäfte waren sämtlich außerbörslich (over the counter, OTC) getätigt. Dabei war es teilweise zu Lieferverzögerungen gekommen, so dass die Aktien zum Teil „T+3“ (d.h., mit einer Verzögerung von drei Tagen), teilweise sogar „T+4“ ins Depot des Steuerpflichtigen eingebucht worden waren.

Der Steuerpflichtige habe durch seine Angaben in den Steuererklärungen und die vorgelegten Kapitalertragsteuerbescheinigungen zu Unrecht den Eindruck erweckt, dass anrechenbare Kapitalertragsteuer vorliege. Eine verständige Begründung, warum keine anrechenbare Kapitalertragsteuer vorliegen soll, blieb das Finanzgericht allerdings schuldig.

Im Ausgangspunkt erkennt das FG Kassel richtigerweise, dass nach dem alten Kapitalertragsteuersystem in den besagten Konstellationen Steuerbescheinigungen doppelt ausgestellt werden konnten. Wie das FG Kassel ebenfalls noch zutreffend fest hält, ist die im Wege des Kapitalertragsteuerabzugs anfallende Einkommensteuer bereits dann „erhoben“ i.S.d. § 36 Abs. 2 Nr. 2 EStG-a.F., wenn sie vom Schuldner der Kapitalerträge für Rechnung des Gläubigers der Kapitalerträge einbehalten wurde, wobei es auf eine Abführung der einbehaltenen Kapitalertragsteuer an das Finanzamt nicht ankommt.[ref]FG Kassel v. 8.10.2012, 4 V 1661/11, DStR 2012, 2381, 2382.[/ref]

Die Kapitalertragsteuer wurde in dem gegenständlichen Fall unstreitig durch die ausschüttende Gesellschaft einbehalten.[ref]So auch Englisch, RdF 2012, 425, 426; Desens, DStR 2012, 2473, 2475.[/ref] Auch wurden die entsprechenden Steuerbescheinigungen nach § 45a Abs. 3 EStG-a.F. vorgelegt.[ref]Dass die ausstellende Bank diese im fraglichen Fall später zurückforderte, ändert nichts daran, dass diese zuvor ordnungsgemäß vorgelegt wurde; siehe BFH v. 20.8.2007, I B 98/07, BFH/NV 2007, 2276; BFH v. 20.10.2010, I R 54/09, BFH/NV 2011, 641; zustimmend Gosch, BFH-PR 2008,  14; Englisch, RdF 2012, 425, 426; Desens, DStR 2012, 2473, 2476.[/ref] Damit waren die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Kapitalertragsteueranrechnung nach §§ 36 Abs. 2 Nr. 2 EStG, 31 Abs. 1 KStG erfüllt. Maßgeblich ist allein und ausschließlich die Vorlage dieser Steuerbescheinigung. § 45a Abs. 3 S. 2 EStG -a.F. stellte Dividende und Dividendenausgleichszahlung ausdrücklich gleich, wobei die jeweilige Aktiengesellschaft als Schuldner der Kapitalerträge fingiert wurde.[ref]So auch Blumers/Elicker, BB 2012, 3187, 3188 und Desens, DStR 2012, 2473, 2475 f.; zur Funktion der Steuerbescheinigung siehe auch Hartrott in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, Stand April 2012, § 45a Rn. 12; Knaupp in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, Stand Januar 2012 § 45a Rn. 3; Lindberg in: Blümich, EStG, Stand September 2011, § 45a EStG Rn. 7 f.; Ramackers, in: Littmann/Bitz/Pust, EStG, Stand August 2010, § 45a Rn. 18; Weber-Grellet in: Schmidt, EStG, 31. Aufl. 2012, § 45a Rn. 3.[/ref]

In Bezug auf den Steuerpflichtigen als Gläubiger der Kapitalerträge greift zudem die Vorschrift des § 44 Abs. 5 S. 2 EstG: dieser darf nur dann für die Kapitalertragsteuer in Anspruch genommen werden, wenn einer der dort in Nr. 1 bis 3 aufgeführten Tatbestände verwirklicht ist.[ref]Siehe im Einzelnen Ramackers, in: Littmann/Bitz/Pust, EStG, Stand November 2009, § 44 Rn. 34 f.; Lindberg in: Blümich, EStG, Stand April 2008, § 44 EStG Rn. 30; Gersch in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, Stand Januar 2012, § 44 Rn. F 40 ff.[/ref] § 44 Abs. 5 S. 2 EStG ist abschließend und entfaltet Sperrwirkung gegenüber einer Inanspruchnahme des Gläubigers in sonstigen Fällen.[ref]Ramackers, in: Littmann/Bitz/Pust, EStG, Stand November 2009, § 44 Rn. 34; Lindberg in: Blümich, EStG, Stand April 2008, § 44 EStG Rn. 30; Gersch in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, Stand Januar 2012, § 44 Rn. F 40.[/ref] § 44 Abs. 5 S. 2 Nr. 1 und 3 EStG liegen evident nicht vor, da die Kapitalerträge weder nicht ordnungsgemäß gekürzt noch zu Unrecht ohne Kapitalertragsteuerabzug ausgezahlt wurden. § 44 Abs. 5 S. 2 Nr. 2 EStG greift ebenfalls nicht, da weder Schuldner noch die den Verkaufsauftrag ausführende Stelle noch die die Kapitalerträge auszahlende Stelle die einbehaltene Kapitalertragsteuer nicht vorschriftsmäßig abgeführt haben. Ausländische Intermediäre unterlagen bzw. unterliegen nämlich keiner Vorschrift zur Abführung von Kapitalertragsteuer.[ref]Siehe bereits unter Fn. 10.[/ref]

Im Übrigen setzt sich das FG Kassel damit auch in Widerspruch zu den einschlägigen BMF-Schreiben vom 05.05.2009 sowie 21.09.2010, die auf etwaige Anprachen zwischen Leerverkäufer und Käufer abstellen[ref]Siehe unter Fn. 13.[/ref]; wäre die Auffassung des FG Kassel zutreffend, hätten die BMF-Schreiben folgerichtiger Weise eine Anrechnung von Kapitalertragsteuer bei cum-ex-Geschäften generell verneinen müssen, soweit die Abwicklung über nicht über einen inländischen Intermediär erfolgt.

2. Kein Gestaltungsmissbrauch nach § 42 AO

Eine Anrechnung von Kapitalertragsteuer könnte allenfalls unter Rückgriff auf die Generalklausel des Gestaltungsmissbrauchs nach § 42 AO versagt werden. Nach der Legaldefinition in § 42 Abs. 2 S. 1 AO liegt ein Gestaltungsmissbrauch vor, wenn eine unangemessene rechtliche Gestaltung  gewählt wird, die beim Steuerpflichtigen oder bei einem Dritten im Vergleich zu einer angemessenen Gestaltung zu einem gesetzlich nicht  vorgesehenen Steuervorteil führt.

Bei cum-ex-Geschäften gibt es mehrere Beteiligte, nämlich – abgesehen von ggf. involvierten Banken und Intermediären – den Leerverkäufer und den Käufer.

Nach ständiger BFH-Rechtsprechung können Geschäfte unter fremden Dritten nur bei Hinzutreten besonderer Umstände ein missbräuchliches Verhalten i.S.v. § 42 AO begründen, da die typischerweise gegenläufigen Interessen der Parteien die Wahl einer unangemessenen Gestaltung regelmäßig ausschließen.[ref]Siehe BFH v. 18.7.2001, I R 48/97, BFHE 196, 128.[/ref]Solche besonderen Umstände liegen namentlich vor, wenn die Beteiligten zur Erzielung von gesetzlich nicht vorgesehenen Steuervorteilen kollusiv zusammenwirken.[ref]Hierzu BFH v. 18.7.2001, I R 48/97, BFHE 196, 128; BFH v. 4.2.2005, VIII B 185/02, BFH/NV 2005, 1258; BFH v. 16.1.1992, V R 1/91, BStBl II 1992, S. 541; BFH v. 6.6.1991, V R 70/89, BStBl II 1991, 86; BFH v. 14.5.1992, V R 56/89, BStBl II 1992, 859; siehe auch Ratschow, in Klein, AO, 10. Aufl. 2009, § 42 Rn. 180 m.w.N,; zum sog. „Gesamtplan“ im Rahmen von § 42 AO siehe Spindler, DStR 2005, 1 ff., insbes. 4 explizit zum „Dividenden-Stripping“.[/ref] Dies hat bislang wohl auch die Finanzverwaltung im Blick gehabt, indem sie auf etwaige Absprachen zwischen Leerverkäufer und Käufer abstellt, die einen wirtschaftlichen Zusammenhang zwischen Leerverkauf und Kauf begründen und auf Grund derer dem Käufer bekannt ist, dass sowohl ihm als auch einem anderem eine Steuerbescheinigung ausgestellt wurde, obwohl die ausgewiesene[ref]BMF v. 6.10.2000, IV C 6 – S 2189 – 11/00, BStBl I 2000, 1392.[/ref] Kapitalertragsteuer nur einmal abgeführt wurde.

Systematisch spricht bereits gegen die grundsätzliche Anwendbarkeit von § 42 AO, dass die §§ 20 Abs. 1 Nr. 1 S. 4, 43 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, Abs. 3 S. 3, 44 Abs. 1 S. 3 EStG-a.F. als spezielle Missbrauchsverhinderungsnormen[ref]Siehe BT-Drucks. 16/2712 v. 25.9.2006, S. 46 ff. sowie BR-Drucks. 622/06 vom 1.9.2006, S. 76 ff.[/ref] der allgemeinen Norm des § 42 AO vorgehen und diese verdrängen.[ref]Siehe bereits Podewils, AG 2010, 391, 396; allgemein zum Verhältnis von § 42 AO zu speziellen Missbrauchsverhinderungsnormen siehe Schmieszek, in: Beermann/Gosch, 73. Lfg., Stand: Februar 2009, AO § 42 Rn 79 ff., insbes. 81 explizit zum „Dividenden-Stripping“.[/ref] Ist der Tatbestand einer Regelung in einem Einzelsteuergesetz erfüllt, die der Verhinderung von Steuerumgehungen dient, ist § 42 Abs. 1 S. 2 AO[ref]§ 42 AO wurde durch das Jahressteuergesetz 2008, BGBl. I 2007, 3197, neu gefasst.[/ref] nunmehr explizit zu entnehmen, dass sich die Rechtsfolgen (nur) nach jener Vorschrift bestimmen.

Dementsprechend hatte der BFH in seinem Grundsatzurteil zum „Dividenden- Stripping“[ref]BFH v. 15.12.1999, I R 29/97, BStBl II 2000, 527, 532; BFH v. 20.11.2007, I R 85/05, BFH/NV 2008, 551, 553; FG Hamburg, v. 06.10.2010 – 5 K 22/10 – n.v.; so auch Ratschow, in Klein, AO, 10. Aufl. 2009, § 42 Rn. 162.[/ref] die Anwendbarkeit von § 42 AO als der allgemeinen Missbrauchsverhinderungsnorm bereits dem Grunde nach verneint, da von der damals einschlägigen speziellen Missbrauchsnorm des § 50c EStG gesperrt.

Ein Gestaltungsmissbrauch nach § 42 AO kann daher schon aus dogmatischen Gründen nicht angenommen werden.[ref]Explizit gegen eine Anwendung von § 42 AO selbst bei Leerverkäufen FG Hamburg, v. 06.10.2010 – 5 K 22/10 – n.v.[/ref]

In der Praxis sind vorherige Absprachen zwischen Leerverkäufer und Käufer zudem ausgeschlossen, wenn die entsprechenden Geschäfte anonym, etwa über eine Börse, abgeschlossen werden; eine außerbörsliche Abwicklung steht der Abwicklung über eine Börse jedenfalls dann gleich, wenn es um einen multilateralen Handelsplatz handelt, der zwar keine Börsenzulassung hat, aber materiell dieselbe Marktplatzfunktion erfüllt.[ref]Zur Gleichbehandlung von „OTC“- und Börsengeschäften siehe FG Hamburg, v. 06.10.2010 – 5 K 22/10 – n.v.; Englisch, FR 2010, 1023, 1028 ff.; Desens, DStZ 2012, 142, 148 ff. sowie DStZ 2012, 246, 249 f.; a.A. Rau, DStR 2011, 510.[/ref]

Schließlich würde nach Ansicht der Finanzverwaltung die Einschaltung ausländischer Intermediäre den Grund für die steuerliche Nichtanerkennung von Geschäfte bilden, diese mithin diskriminieren. Soweit der betreffende Intermediär in einem EWR- Mitgliedsstaat ansässig ist, wäre hierin ein Verstoß gegen die Kapitalverkehrsfreiheit nach Art. 63 AEUV zu erblicken. [ref]Zu Verstößen des Steuergesetzgebers gegen die Kapitalverkehrsfreiheit siehe BFH v. 26.11.2008, I R 7/08, DStR 2009, 632; Jacobs/Endres/Spengel, Internationale Unternehmensbesteuerung, 7. Aufl. 2011, S. 211 ff.[/ref] Insbesondere fehlt es an einem sachlichen Grund für die Ungleichbehandlung, da – wie die Neuregelung ab 01.01.2012 zeigt, eine diskriminierungsfreie Lösung unproblematisch möglich gewesen ist.[ref]Siehe oben unter I., 2.[/ref]

In steuerstrafrechtlicher Hinsicht kommt den europäischen Grundfreiheiten ebenfalls besondere Bedeutung zu, da der Vorrang des Gemeinschaftsrechts auch für eine mögliche Einschlägigkeit von §§ 370, 378 AO zu beachten ist. Das Gemeinschaftsrecht bindet nicht nur Legislative und Judikative, sondern selbstverständlich auch die Exekutive.[ref]Siehe Streinz, in: Streinz, EUV/AEUV, 2. Aufl. 2012, Art. 4 EUV Rn. 53; Herdegen, Europarecht, 11. Aufl. 2011, § 10 Rn. 1. [/ref] Das heißt, dass bereits die Verwaltungsbehörden sowie die Staatsanwaltschaft die Auswirkungen des Gemeinschaftsrechts berücksichtigen müssen, was ggf. zur Einstellung eines Steuerstrafverfahrens nach § 170 Abs. 2 StPO führen muss.[ref]So Gehm, NZWist 2013, 53, 60.[/ref]

3. BFH-Urteil vom 27.10.2009

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus einem Urteil des BFH vom 27.10.2009[ref]Siehe BFH v. 27.10.2009, VII R 51/08, BStBl. II 2010, 382; dazu auch Jäger, jurisPR-SteuerR 9/2010 Anm. 3 sowie Podewils, FR 2011, 69, 73 f.[/ref]:

In dem zugrunde liegenden Sachverhalt aus dem Jahre 1991 hatte eine Bank Aktien „cum dividende“ erworben, diese aber noch an demselben Tag, dem Dividendenstichtag, „ex dividende“ an den Verkäufer (und gleichzeitig Rückkäufer) zurückveräußert. In der steuerlichen Veranlagung der Bank wurde  Kapitalertragsteuer auf die Dividende entsprechend angerechnet. Später stellte die Steuerfahndung fest, dass die fraglichen Aktien sich zu keinem Zeitpunkt in der Verfügungsgewalt des Verkäufers befunden hatten, weil keine effektive Lieferung stattgefunden hatte.

In diesem Fall ging der BFH von einer arglistigen Täuschung durch den Verkäufer/Rückkäufer aus,  weswegen eine Rücknahme des Anrechnungsbescheides nach § 130 Abs. 2 Nr. 2 AO zulässig war. Die Arglist des Verkäufers/Rückkäufers begründete der BFH damit, dass diesem bewusst war, dass es sich um ein „Luftgeschäft“ ohne tatsächliche Lieferung von Aktien gehandelt hatte und dass es in der Folge zu einer Erstattung von zuvor nicht abgeführter Kapitalertragsteuer kommen würde.

Diese Entscheidung ist jedoch nicht auf cum-ex-Geschäfte übertragbar, bei denen eine tatsächliche Lieferung der Aktien erfolgt ist. [ref]Die Auffassung des Verfassers in FR 2011, 69, 73 f. wird hiermit nicht weiter aufrechterhalten.[/ref] Das Steuerrecht knüpft zumindest zunächst an die zugrunde liegenden zivilrechtlichen Vorgänge an. [ref]Pahlke, in: Pahlke/Koenig, AO, 2. Aufl. 2009, § 4 Rn. 106 ff. m. w. N.[/ref] Steuerliche Rechtsfolgen können für bloß vorgetäuschte zivilrechtliche Geschäfte nicht geltend gemacht werden.

Hingegen lassen bloße Lieferverzögerungen die Anrechnungsberechtigung unberührt: Nach ständiger BFH-Rechtsprechung[ref]BFH, Urt. v. 15.12.1999 – I R 29/97BStBl II 2000, 527, 529 f.; BFH, Beschl. v. 20.11.2007 – I R 85/05BFH/NV 2008, 551 = IStR 2009, 101.[/ref] geht das wirtschaftliche Eigentum bereits mit dem Abschluss des Kaufvertrags auf den Erwerber über, da Kurschancen und Risiken ab diesem Zeitpunkt den Erwerber treffen. Etwaige Lieferverzögerungen im Einzelfall führen lediglich zu einem entsprechend späteren Übergang des zivilrechtlichen Eigentums. Hierfür spricht auch die Feststellung des BFH, wonach eine Umbuchung, die „gegebenenfalls erst zwei Tage“ nach dem Vertragsschluss vorgenommen worden ist, den Übergang des wirtschaftlichen Eigentums nicht beeinflusst. Hieraus ergibt sich allenfalls, dass die Lieferung zeitnah erfolgen muss, nicht aber unbedingt „T+2“. Auch wenn man bedenkt, dass im internationalen Vergleich eine Lieferung „T+3“ (z.B. in den U.S.A.) oder sogar „T+4“ (z.B. an der London International Financial Futures and Options Exchange) durchaus üblich ist, gibt es keinen Grund, die in Deutschland übliche Lieferung „T+2“ zur Voraussetzung für den Übergang des wirtschaftlichen Eigentums zu machen.[ref]So auch Berger/Matuszewski, BB 2011, 3097, 3100; Desens, DStZ 2012, 142; a.A. hingegen Rau, DStZ 2012, 241.[/ref]

4. Zwischenergebnis

Die Gefahr von Steuerausfällen war dem alten Kapitalertragsteuersystem immanent und wurde vom Gesetzgeber bis zum 31.12.2011 so hingenommen.[ref]Vgl. bereits Podewils, AG 2010, 391, 394 f.; Jachmann in: Lademann, EStG, Nachtrag 179, Januar 2011, § 20 Rn. 277; eingehend auch Desens, DStR 2012, 2473.[/ref] Die Rechtmäßigkeit der Steuerbescheide bleibt hiervon unberührt. Der objektive Tatbestand einer Steuerhinterziehung ist schon aus diesem Grund nicht erfüllt. Die hier vertretene Auffassung teilt im Übrigen auch das FG Hamburg in einer aktuellen Entscheidung zu einem Parallelsachverhalt.[ref]FG Hamburg, v. 06.10.2010 – 5 K 22/10 – n.v.[/ref]

5. Zur Tatherrschaftslehre

Hilfsweise wird nachfolgend untersucht, ob ein strafbares Verhalten dann in Betracht zu ziehen wäre, wenn nicht – wie soeben aber ausgeführt – von der steuerlichen Rechtmäßigkeit von cum-ex-Transaktionen ausgegangen würde.

Eine (unmittelbare) Alleintäterschaft kommt a priori nicht in Betracht; dies würde nämlich voraussetzen, dass zumindest einer der Beteiligten alle[ref] Siehe BGH, Urt. v. 12.08.1998 – 3 StR 160/98NStZ-RR 2000, 22; Heine, in: Schönke/Schröder, StGB, 28. Aufl. 2010, § 25 Rn. 2 sowie vor § 25 Rn. 75; Joecks, in: Münchener Kommentar zum StGB, 2003, Band 1, 2003, § 25 Rn. 32.[/ref]Tatbestandsmerkmale in seiner Person erfüllt. Die Tatbestandsmerkmale der unrichtigen Angaben gegenüber den Finanzbehörden sowie der Erfolg der Steuerverkürzung lassen sich nämlich allenfalls über eine Gesamtbetrachtung des Gesamtgeschehens bejahen: Die Kapitalertragsteuer wurde jedenfalls einmal abgeführt, wenn auch ggf. doppelt bescheinigt. Eine Zuordnung der abgeführten Kapitalertragsteuer zu einer der beiden Kapitalertragsteuerbescheinigungen ist nicht möglich.[ref]Siehe Englisch, in: Berger/Steck/Lübbehüsen, 2010, InvStG, § 11 Rn. 54; Podewils, FR 2011, 69, 74.[/ref]

a) Mittäterschaft gemäß § 25 Abs. 2 StGB

Wird eine Tat von mehreren gemeinsam und arbeitsteilig durchgeführt, führt die Mittäterschaft nach § 25 Abs. 2 StGB als Zurechnungsprinzip dazu, dass der Tatbeitrag eines jeden Beteiligten den anderen als eigener zugerechnet wird.[ref] BGH, Urt. v. 23.1.1958, 4 StR 613/57, BGHSt 11, 268, 271; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 09.09.1986 – 5 Ss 318/86 – 247/86 I – NJW 1987, 268, 269; Heine, in: Schönke/Schröder, StGB, 28. Aufl. 2010, § 25 Rn. 61 sowie vor § 25 Rn. 80 ff.; Jescheck/Weigend, Strafrecht Allgemeiner Teil, 5. Aufl., 1996, S. 673 ff.; Jakobs, Strafrecht Allgemeiner Teil, 2. Aufl., 1991, S. 616 ff.[/ref] Jeder Mittäter wird so behandelt, als hätte er selbst alle Tatbestandsmerkmale erfüllt.

Voraussetzung der Mittäterschaft ist die gemeinschaftliche Tatbegehung auf Grund eines gemeinsamen Tatentschlusses aller Beteiligten.[ref]BGH, Urt. v. 15.01.1991 – 5 StR 492/90 – BGHSt 37, 292; eingehend zur „funktionellen Tatherrschaft“ siehe Roxin, Täterschaft und Tatherrschaft, 8. Aufl. 2006, S. 275 ff. und 665 ff.; vgl. auch Joecks, in: Münchener Kommentar zum StGB, Band 1, 2003, § 25 Rn. 198 ff.; Heine, in: Schönke/Schröder, StGB, 28. Aufl. 2010, § 25 Rn. 71; Schünemann, in Leipziger Kommentar zum StGB, Band 1, 12. Aufl. 2007, § 25 Rn. 155 f.; Jescheck/Weigend, Strafrecht Allgemeiner Teil, 5. Aufl., 1996, S. 674; Jakobs, Strafrecht Allgemeiner Teil, 2. Aufl., 1991, S. 617.[/ref] Teilweise wird vertreten, dass dies auch der Fall sein kann, wenn die Beteiligten oder ein Teil von ihnen einander nicht persönlich kennen, sofern jedem bewusst ist, dass neben ihm noch andere mitwirken und diese von dem gleichen kommunikativen Mit-Bewusstsein erfüllt sind, somit also alle Beteiligten in bewusstem und gewolltem Zusammenwirken handeln.[ref]Siehe RG, Urt. v. 23.09.1924 – I 54/24 – RGSt 58, 279; Heine, in: Schönke/Schröder, StGB, 28. Aufl. 2010, § 25 Rn. 71; vgl. auch BGH, Beschl. v. 02.10.1984 – 4 StR 551/84NStZ 1985, 70, 71.[/ref]

In Bezug auf cum-ex-Geschäfte sind etwaige Absprachen der Beteiligten, was die Finanzverwaltung ja schon als steuerliches Kriterium herangezogen hat[ref]Heine, in: Schönke/Schröder, StGB, 28. Aufl. 2010, § 25 Rn. 71.[/ref] und die Grundlage eines gemeinsamen Tatentschlusses sein könnten, damit zugleich auf eine mögliche strafrechtliche Relevanz zu untersuchen.

Die insoweit maßgeblichen Erwägungen sind mit den steuerlichen Ausführungen im Ausgangspunkt deckungsgleich: Werden cum-ex-Geschäfte über eine Börse oder einen multilateralen außerbörslichen Handelsblatz[ref]Umfassend hierzu Podewils, Wertpapier-Auftragsausführungssysteme im Wettbewerb – Börsen, Geregelte Märkte und Internalisierer, 2007, S. 25 ff. und 359 ff.[/ref] abgewickelt, kann es schon auf Grund der Anonymität des Handelsgeschehens keine Absprachen zwischen den Handelsteilnehmern geben. Absprachen zwischen Verkäufer und Käufer sind nur bei einer rein bilateralen Abwicklung, bei der sich die Beteiligten persönlich kennen, überhaupt möglich.

Auch bei einer bilateralen Abwicklung[ref]Siehe Podewils, Wertpapier-Auftragsausführungssysteme im Wettbewerb – Börsen, Geregelte Märkte und Internalisierer, 2007, S. 28 ff.[/ref] müssen die Beteiligten freilich nicht unbedingt Absprachen getroffen haben, die einen wirtschaftlichen Zusammenhang zwischen Leerverkauf und Kauf begründen; insbesondere muss dem Käufer nicht zwingend bekannt sein, dass es sich um leer verkaufte Aktien handelt. Schließlich sind Absprachen zwischen den Beteiligten gar nicht notwendig; die Profitabilität von cum- ex-Geschäften ergibt sich nämlich aus der Kursdifferenz zwischen Future- und Kassamarkt, mithin als Arbitragegewinn.

Selbst für den Fall, dass Absprachen zwischen den Beteiligten nachgewiesen werden, ist die Annahme einer Mittäterschaft immer noch zweifelhaft. Eine Mittäterschaft setzt voraus, dass der einzelne Tatbeitrag in einem Deliktszusammenhang erbracht wird: mehrere an sich nicht strafbare Handlungen werden nicht schon deswegen strafbar, weil sie auf Grund eines gemeinsamen Entschlusses begangen werden.[ref]Siehe Heine, in: Schönke/Schröder, StGB, 28. Aufl. 2010, § 25 Rn. 61.[/ref] Die Vorlage einer Kapitalertragsteuerbescheinigung zum Zwecke der Anrechnung bzw. Erstattung ist per se nicht strafbar – zumal die Kapitalertragsteuer (zumindest einmal) auch abgeführt wurde.

Zusammengefasst sind die Voraussetzungen einer Mittäterschaft bei cum-ex- Geschäften nicht erfüllt.

b) Mittelbare Täterschaft gemäß § 25 Abs. 1 2. Alt. StGB

Eine Zurechnung der Teilakte anderer Beteiligter, ohne die eine Strafbarkeit von cum- ex-Geschäften denklogisch nicht möglich ist,[ref]Siehe oben unter Fn. 43. Siehe BGH, Urt. v. 26.07.1994 – 5 StR 98/94BGHSt 40, 218, 232; Schünemann, in Leipziger Kommentar zum StGB, Band 1, 12. Aufl. 2007, § 25 Rn. 61 f.; Heine, in: Schönke/Schröder, StGB, 28. Aufl. 2010, § 25 Rn. 6a; Jescheck/Weigend, Strafrecht Allgemeiner Teil, 5. Aufl., 1996, S. 662 ff.; Jakobs, Strafrecht Allgemeiner Teil, 2. Aufl., 1991, S. 630 ff. BFH v. 27.10.2009, VII R 51/08, BStBl. II 2010, 382 Tz. 22. [/ref] könnte sich ggf. über die Figur der mittelbaren Täterschaft gemäß § 25 Abs. 1 2. Alt. StGB herleiten lassen.

Während die Mittäterschaft eine horizontale Zurechnung von Tatbeiträgen auf Grund arbeitsteiligen Vorgehens beinhaltet, führt die mittelbare Täterschaft zu einer vertikalen Zurechnung: Täter ist auch, wer die Tat nicht selbst begeht, sondern einen anderen – das „Werkzeug“ – durch Zwang, Täuschung oder auf andere Weise veranlasst, die zur Tatbestandserfüllung notwendigen Handlungen als Teil eines von ihm, dem mittelbaren Täter, verfolgten Gesamtplanes für ihn vorzunehmen.[ref]Siehe BGH, Urt. v. 26.07.1994 – 5 StR 98/94BGHSt 40, 218, 232; Schünemann, in Leipziger Kommentar zum StGB, Band 1, 12. Aufl. 2007, § 25 Rn. 61 f.; Heine, in: Schönke/Schröder, StGB, 28. Aufl. 2010, § 25 Rn. 6a; Jescheck/Weigend, Strafrecht Allgemeiner Teil, 5. Aufl., 1996, S. 662 ff.; Jakobs, Strafrecht Allgemeiner Teil, 2. Aufl., 1991, S. 630 ff.[/ref]

In der obig unter II. 3. dargestellten Entscheidung führt der BFH aus, dass der Leerverkäufer und spätere Rückkäufer kraft seiner Wissensherrschaft als mittelbarer „Täter“ für alle Einzelakte der gegenständlichen Geschäfte anzusehen sei.[ref]BFH v. 27.10.2009, VII R 51/08, BStBl. II 2010, 382 Tz. 22.[/ref]

Zunächst ist zu konstatieren, dass die Kapitalertragsteuer in dem Fall zwar ggf. doppelt bescheinigt, aber jedenfalls einmal abgeführt wurde und eine Zuordnung der abgeführten Kapitalertragsteuer zu einer der beiden Kapitalertragsteuer- bescheinigungen nicht möglich ist.[ref]Siehe oben Fn. 43.[/ref] Insoweit kann keine Bescheinigung als solche als unrichtige Angabe qualifiziert werden. [ref]Hierzu bereits Podewils, FR 2011, 69, 74.[/ref] Diese Hürde könnte ggf. noch über das Institut der sog. gleichartigen Wahlfeststellung[ref]Ausführlich zur Wahlfeststellung siehe Dannecker, in Leipziger Kommentar zum StGB, Band 1, 12. Aufl. 2007, Anh. zu § 1 Rn. 20 ff.; Schoreit, in: Karlsruher Kommentar StPO, 6. Aufl. 2008, § 261 Rn. 67 ff. Das Institut der Wahlfeststellung findet über § 369 Abs. 2 AO auch im Steuerstrafrecht Anwendung; vgl.  Franzen/Gast/Joecks, Steuerstrafrecht, 7. Aufl. 2009, § 369 AO Rn. 127 f.[/ref] überwunden werden. In den Fällen der gleichartigen Wahlfeststellung sind die tatbestandlichen Voraussetzungen der einschlägigen Strafnorm sämtlich erfüllt.[ref]Beispielsweise, wenn unklar bleibt, welche von mehreren eidlichen Aussagen falsch war (BGH v. 8.5.1952, 3 StR 1199/51, BGHSt 2, 351 ff.) oder auf welche Sorgfaltspflichtverletzung eine fahrlässige Tötung zurückzuführen ist (mangelnde Aufmerksamkeit oder überhöhte Geschwindigkeit); siehe auch Schoreit, in: Karlsruher Kommentar StPO, 6. Aufl. 2008, § 261 Rn. 72 m. w. N.[/ref] Es ist jedoch nicht feststellbar, welche – von mehreren möglichen Handlungen – konkret den Straftatbestand verwirklicht hat.[ref]Siehe Dannecker, in Leipziger Kommentar zum StGB, Band 1, 12. Aufl. 2007, Anh. zu § 1 Rn. 21 f. Bei der wesentlich problematischeren ungleichartigen Wahlfeststellung hat der Täter mit Gewissheit einen von unterschiedlichen Straftatbeständen erfüllt (beispielsweise entweder Betrug oder Diebstahl), es ist aber unklar, welchen der beiden Tatbestände der Täter verwirklicht hat. Eine Verurteilung des Täters wahlweise auf mehrdeutiger Tatsachengrundlage ist nur zulässig, wenn die in Betracht kommenden Straftatbestände rechtsethisch und psychologisch gleichwertig sind; BGH v. 21.10.1970, 2 StR 316/70, NJW 1971, 62; Schoreit, in: Karlsruher Kommentar StPO, 6. Aufl. 2008, § 261 Rn. 73 ff.[/ref] Die Wahlfeststellung findet ihre sachliche Rechtfertigung darin, dass die Unsicherheit über die konkrete Tathandlung nicht zur Straflosigkeit des Täters führen darf, wenn jedenfalls feststeht, dass der Täter durch eine der Handlungen den betreffenden Straftatbestand verwirklicht hat.[ref]BGH, Urt. v. 08.05.1952 – 3 StR 1199/51NJW 1952, 755, 756.[/ref]

Mehr als zweifelhaft bleibt aber, ob bei cum-ex-Geschäften überhaupt eine Tatherrschaft eines Beteiligten gegeben sein kann.

Die mittelbare Täterschaft nach § 25 Abs. 1 2. Alt. StGB zeichnet sich dadurch aus, dass das Werkzeug – der Tatmittler – aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen eine unterlegene Stellung innehat (Defekt) und der Hintermann – der mittelbare Täter – diese ausnutzt und kraft seines überlegenen Willens das Gesamtgeschehen in der Hand hält und beherrscht.[ref]Mitsch, in: FS Krüger, 2007, S. 347, 354 ff.; Joecks, in: Münchener Kommentar zum StGB, Band 1, 2003, § 25 Rn. 198 ff.; Heine, in: Schönke/Schröder, StGB, 28. Aufl. 2010, § 25 Rn. 6; Fischer, StGB, 60. Aufl. 2013, § 25 Rn. 4; Roxin, Täterschaft und Tatherrschaft, 8. Aufl. 2006, S. 142 ff.; Jescheck/Weigend, Strafrecht Allgemeiner Teil, 5. Aufl., 1996, S. 663 f. Fischer, StGB, 60. Aufl. 2013, § 25 Rn. 5 f.; Jescheck/Weigend, Strafrecht Allgemeiner Teil, 5. Aufl., 1996, S. 665 ff.[/ref] Ein Defekt des Tatmittlers in diesem Sinne kann vorliegen, wenn er entweder nicht tatbestandsmäßig (z.B. mangels Vorsatz) oder nicht rechtswidrig (z.B. wegen eines Rechtfertigungsgrundes) oder nicht schuldhaft (z.B. wegen Strafunmündigkeit, Irrtums, unvermeidbaren Verbotsirrtums o.ä.) handelt, ferner nach umstrittener Auffassung auch dann, wenn der Tatmittler sich in einem vermeidbaren Verbotsirrtum befand und damit selbst strafbar gemacht hat, aber gegenüber dem mittelbaren Täter ein Unrechtseinsichtsgefälle bestand.[ref]BGH, Urt. v. 15.09.1988 – 4 StR 352/88BGHSt 35, 347, 353 “Katzenkönigfall”; dazu Schaffstein, NStZ 1989, 153; siehe auch Heine, in: Schönke/Schröder, StGB, 28. Aufl. 2010, § 25 Rn. 6; Fischer, StGB, 60. Aufl. 2013, § 25 Rn. 5.[/ref]

Ein entsprechender Defekt des potentiellen Tatmittlers ist bei cum-ex-Geschäften nicht ersichtlich. Bei anonym abgewickelten Geschäften über eine Börse oder einen außerbörslichen multilateralen Handelsplatz ist eine Tatherrschaft von vornherein zu verneinen, da der potentielle mittelbare Täter das etwaige „Werkzeug“ noch nicht einmal individualisieren kann, geschweige denn, ihm seinen Willen aufzwingen. Aber selbst bei individuell abgewickelten Transaktionen dürfte es an einer überlegenen Stellung des Steuerpflichtigen gegenüber seinem Handelspartner fehlen, da bei Aktiengeschäften regelmäßig jeder Marktteilnehmer seine eigenen Handelsinteressen verfolgt und sich die Preisfindung auch bei individuell abgewickelten Transaktionen ebenfalls an den Kursen auf den wichtigsten Börsen als Referenzgröße orientiert.

Im Ergebnis ist eine Strafbarkeit bei cum-ex-Geschäften daher jedenfalls auch wegen Fehlens von Tatherrschaft eines Beteiligten aus.

c) Verbotsirrtum nach § 17 StGB; Leichtfertige Steuerverkürzung

Das tatbestandliche Vorliegen einer strafbaren (vorsätzlichen) Steuerhinterziehung unterstellt, wäre eine Strafbarkeit mangels Schuld zu verneinen, wenn sich der Steuerpflichtige in einem unvermeidbaren Verbotsirrtum i.S.v. § 17 S. 1 StGB befunden hat. Ein unvermeidbarer Verbotsirrtum liegt u.A. vor, wenn der Täter vor der fraglichen Handlung von einer rechtskundigen Person dahingehend belehrt wurde, dass diese nicht strafbar ist.[ref]Vgl. BGH, Urt. v. 16.08.2007 – 4 StR 62/07NJW 2007, 3078, 3079; OLG Frankfurt a.M., Urt. v. 14.07.2003 – 3 Ss 114/03NStZ-RR 2003, 263; Sternberg-Lieben, in: Schönke/Schröder, StGB, 28. Aufl. 2010, § 17 Rn. 18; Kirch-Heim/Samson, wistra 2008, 81 ff.[/ref]

Den cum-ex-Transaktionen liegen juristische Gutachten renommierter Anwaltskanzleien zugrunde, die deren steuerliche Unbedenklichkeit bescheinigen – bekanntermaßen u.A. auch von einer prominenten Sozietät, die die Bundesrepublik Deutschland selbst mandatiert und honoriert hat. Hierauf darf und muss der Steuerpflichtige vertrauen, zumal es sich hier um relativ  komplizierte Vorgänge handelt, die er selbst nicht zuverlässig rechtlich bewerten kann.

Eine Strafbarkeit wegen leichtfertiger Steuerverkürzung gemäß § 378 AO scheidet zum einen aus denselben Erwägungen aus: Das Vorliegen eines unvermeidbaren Verbotsirrtums schließt sachlich zugleich ein leichtfertiges Verhalten aus. [ref]Das Merkmal der Leichtfertigkeit entspricht materiell dem zivilrechtlichen Begriff der groben Fahrlässigkeit; siehe BFH, Beschl. v. 25.06.1997 – VIII B 35/96BFH/NV 1998, 8; BFH, Beschl. v. 14.12.2000 – II B 123/99BFH/NV 2001, 738; Franzen/Gast/Joecks, Steuerstrafrecht, 7. Aufl. 2009, § 378 AO Rn.  27.[/ref] Eine Strafbarkeit nach § 378 AO scheidet zusätzlich bereits deswegen aus, weil eine Zurechnung der Tathandlungen anderer Beteiligter nach § 25 Abs. 2 StGB oder § 25 Abs. 1 2. Alt. StGB eine Vorsatztat voraussetzt. Eine solche Zurechnung ist indes vorliegend zwingend erforderlich, da – wie bereits beschrieben – die abgeführte  Kapitalertragsteuer nicht einer der beiden ausgestellten Kapitalertragsteuerbescheinigungen zuordbar ist.[ref]Siehe oben unter Fn. 43.[/ref]

III. Zur strafrechtlichen Verantwortlichkeit von steuerlichen Beratern

In der gegenwärtigen Diskussion sind auch einige der bei cum-ex-Transaktionen zugezogenen steuerlichen Berater in den Focus geraten.

Vorliegend scheidet eine Strafbarkeit zwar schon wegen der dargestellten steuerlichen Rechtmäßigkeit von cum-ex-Geschäften aus – dennoch nachfolgend einige Gedanken zur Beraterverantwortlichkeit, die zugleich allgemeine Gültigkeit haben:

Selbstredend schließt die Eigenschaft als Rechtsanwalt, Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer die Begehung von Straftaten durch diesen Personenkreis, sei es ohne oder mit Zusammenhang zur beruflichen Tätigkeit, nicht aus. Z.B. der Wirtschaftsprüfer, der seinen Nebenbuhler beseitigt, der Rechtsanwalt, der Mandantengelder veruntreut, oder der Steuerberater, der zugunsten seines Mandanten Belege manipuliert.

Von diesen plakativen Fällen einmal abgesehen gibt es ein Spannungsfeld zwischen der professionellen Tätigkeit und den damit einhergehenden Berufspflichten und einer möglichen steuerstrafrechtlichen Verantwortlichkeit.[ref]So die Formulierung von Schaaf, AO-StB 2012, 349 ff.; umfassend zu diesem Problemkreis auch Dickkopf, Steuerberatung und steuerstrafrechtliche Risiken, 1991; Blumers, Steuerberatung und Steuerstrafrecht – Grenzbereich zu strafrechtlich relevanten Handeln -, in: StbJb. 1983/84, S. 319 ff.; Danzer, Die strafrechtliche Verantwortlichkeit des steuerlichen Beraters, in: Deutsche Steuerjuristische Gesellschaft (DStJG), 1983; S. 67 ff.; Harms, Stbg 2005, 12 ff.; ferner Geuß, BB 2013, 599 ff.[/ref] Berufsrechtlich ist es Aufgabe des steuerlichen Beraters, die Steuerlast des Mandanten unter Ausnutzung aller legalen Mittel möglichst gering zu halten.[ref]Vgl. Danzer, Die strafrechtliche Verantwortlichkeit des steuerlichen Beraters, in: Deutsche Steuerjuristische Gesellschaft (DStJG), 1983; S. 68 f. m.w.N.; siehe auch die gesetzlichen Vorgaben in §§ 33 S. 1 StBerG, 3 Abs. 1 BRAO sowie § 2 Abs. 2 WPO.[/ref] Das  Mandatsverhältnis wird besonders geschützt durch die berufsrechtlichen Verschwiegenheitspflichten nach den §§ 57 Abs. 1 StBerG, 43a Abs. 2 BRAO / 2 BORA sowie 43 WPO.

1. Mitwirkung bei der Steuererklärung

a) Fehler bei Erstellung der Steuererklärung

Wenn ein Steuerberater anlässlich der Erstellung der Steuererklärung vorsätzlich gegen geltende Steuervorschriften verstößt, z.B. durch Buchhaltungs- und Bilanzierungsverstöße, unzutreffende Verrechnungspreise etc., um dadurch einen ungerechtfertigten Steuervorteil zu erlangen, liegt unzweifelhaft eine Beteiligung an einer Steuerhinterziehung vor.[ref]Vgl. BGH 7.7.1993 – 5 StR 212/93; BGH v. 30.06.2005 – 5 StR 12/05; Schaaf, AO-StB 2012, 349, 351; ausführlich auch Blumers, Steuerberatung und Steuerstrafrecht – Grenzbereich zu strafrechtlich relevanten Handeln -, in: StbJb. 1983/84, S. 319, 324 ff.[/ref] Ob es sich hierbei um Täterschaft oder Teilnahme handelt und in welcher Form, bestimmt sich nach dem allgemeinen Strafrecht. [ref]Siehe Jäger, in: Klein, AO, 11. Aufl. 2012, § 370 Rn. 210; Danzer, Die strafrechtliche Verantwortlichkeit des steuerlichen Beraters, in: Deutsche Steuerjuristische Gesellschaft (DStJG), 1983; S. 67, 76; Schaaf, AO-StB 2012, 349, 351; zu den Abgrenzungskriterien im Einzelnen siehe etwa BGH, Urt. v. 15.05.1985 – 1 StR 169/84NStZ 1984, 413.[/ref]

Gleiches gilt, wenn ein Steuerberater vorsätzlich falsche Angaben von seinem Mandanten in die Steuererklärung übernimmt.[ref]Harms, Stbg 2005, 12, 14; Schaaf, AO-StB 2012, 349, 350.[/ref] Problematisch wird dies freilich im Fall des Eventualvorsatzes: Die Lebenswirklichkeit würde an sich nahe legen, dass der Steuerberater fast schon im Regelfall falsche Angaben seines Mandanten zumindest für möglich halten muss. Dies ginge sicherlich zu weit, zumal bei einer solchen Auslegung den Steuerberatern die Berufsausübung de facto unmöglich gemacht würde – was gegen das Grundrecht der Berufsfreiheit nach Art. 12 GG verstieße. Aus ähnlichen Erwägungen hat das BVerfG für Strafverteidiger den Geldwäschetatbestand des § 261 Abs. 2 Nr. 1 StGB einschränkend ausgelegt, da dieser bei seiner „Kundschaft“ immer damit rechnen muss, dass das Honorar aus kriminellen Machenschaften stammt.[ref]Siehe BVerfG, Urt. v. 30.03.2004 – 2 BvR 1520/01, 2 BvR 1521/01BVerfGE 110, 226 ff.; hierzu auch Fischer, NStZ 2004, 473 und Wohlers, JZ 2004, 678 ff.[/ref] Strafverteidiger können den Tatbestand des § 261 Abs. 2 Nr. 1 StGB hiernach nur im Falle positiver Kenntnis von der kriminellen Herkunft ihres Honorars verwirklichen. Diese Rechtsprechung ist auf die Übernahme von Angaben des Steuerpflichtigen durch den Steuerberater zu übertragen, so dass eine Strafbarkeit nur bei Kenntnis des Steuerberaters von deren Unrichtigkeit in Betracht kommt.[ref]Siehe FG Nürnberg, Urt. v. 10.12.2002 – II 536/2000 – DstRE 2003, 1251, 1252; ferner BGH, Urt. v. 01.08.2000 – 5 StR 624/99BGHSt 46, 107, 112 (zu Bankmitarbeitern); Harms, Stbg 2005, 12, 13 u. 16; Streck/Heine, Stbg 1998,193.[/ref]

Soweit steuerliche Berater Steuererklärungen gefertigt haben, in denen cum-ex- Geschäfte enthalten waren, würde eine potentielle Strafbarkeit demzufolge jedenfalls eine vollständige Kenntnis des gesamten Sachverhalts voraussetzen – was bei der reinen Verarbeitung der vorhandenen Kapitalertragsteuerbescheinigungen in die Steuererklärung nicht der Fall ist.

b) Nachträgliche Kenntnis des Steuerberaters von der Unrichtigkeit

Erfährt ein steuerlicher Berater nachträglich von der Unrichtigkeit der Steuererklärung, ist er jedenfalls nicht gemäß § 153 AO zur Abgabe einer Berichtigungserklärung verpflichtet. Berichtigungspflichtig nach § 153 AO ist jeder, der nach § 149 AO zur Abgabe einer Steuererklärung verpflichtet ist.[ref]Siehe Cöster, in: Pahlke/Koenig, AO, 2. Aufl. 2009, § 153 Rn. 9 m. w. N.[/ref] Dies ist ausdrücklich nicht der steuerliche Berater.[ref]Siehe BGH, Beschl. v. 20.12.1995 – 5 StR 412/95NStZ 1996, 563, 565; Cöster, in: Pahlke/Koenig, AO, 2. Aufl. 2009, § 153 Rn. 10; Brenner, BB 1987, 1856; Harms, Stbg 2005, 12, 13.[/ref] Eine Erweiterung auf den Berater wäre zudem mit dessen – durch Auskunfts- und Zeugnisverweigerungsrechte flankierter – Verschwiegenheitspflicht unvereinbar.[ref]BGH, Beschl. v. 20.12.1995 – 5 StR 412/95NStZ 1996, 563, 565; Harms, Stbg 2005, 12, 13; Dörn, Stbg 1998,157, 158 f.[/ref]

Eine Berichtigungspflicht, deren Verletzung zu einer Strafbarkeit wegen Steuerhinterziehung durch Unterlassen führen könnte, lässt sich auch nicht aus § 13 StGB herleiten. Wer es unterlässt, einen strafrechtlich relevanten Erfolg abzuwenden, ist hierfür strafbar, wenn er zu dessen Verhinderung verpflichtet ist – sog. Garantenstellung (und das Unterlassen einer Tatbestandsverwirklichung durch positives Tun entspricht).[ref]Siehe umfassend Stree/Bosch, in: Schönke/Schröder, StGB, 28. Aufl. 2010, § 13 Rn. 1 ff.; ferner Jasch, NStZ 2005, 8 ff. Siehe BGH, Beschl. v. 20.12.1995 – 5 StR 412/95NStZ 1996, 563, 565; Stree/Bosch, in: Schönke/Schröder, StGB, 28. Aufl. 2010, § 13 Rn. 8; Harms, Stbg 2005, 12, 14; Schaaf, AO-StB 2012, 349, 350.[/ref]

Allerdings ist schon die grundsätzliche Anwendbarkeit von § 13 StGB durch die Spezialnorm des § 153 AO gesperrt.

Eine Strafbarkeit durch Unterlassen ist somit auch deswegen ausgeschlossen.

2. Begleitung von „Steuergestaltungen“

Die Konzeption steueroptimierter Gestaltungen hat in Deutschland eine gewisse Tradition – man denke an Medien- und Schifffonds, Abschreibungsgesellschaften, grenzübergreifende Konzernstrukturen etc. Soweit es sich hierbei um legale, wenn auch „aggressive“ Gestaltungen handelt, ist dies selbstverständlich nicht strafbar – selbst wenn gezielt „Steuerschlupflöcher“ ausgenutzt werden.[ref]Siehe Danzer, Die strafrechtliche Verantwortlichkeit des steuerlichen Beraters, in: Deutsche Steuerjuristische Gesellschaft (DStJG), 1983; S. 67, 68 f.; Harms, Stbg 2005, 12, 14; Koenig, in: Pahlke/Koenig, AO, 2. Aufl. 2009, § 42 Rn. 1; siehe auch BFH (GrSen), Beschl. v. 29.11.1982 – GrS 1/81BStBl. II 1983, 272; BFH, Urt. v. 12.09.1995 – IX R 54/93BStBl. II 1996, 158; BFH, Urt. v. 16.01.1996 – IX R 13/92BStBl. II 1996, 214, 215: grundsätzlich kein Gestaltungsmissbrauch, wenn Steuerpflichtige gesetzlich vorgesehene Steuervorteile zu erzielen. Für den Steuerberater besteht sogar eine Verpflichtung auch zur Gestaltungsberatung; siehe Geuß, BB 2013, 599 ff.[/ref]

Entsprechende steueroptimierte Gestaltungen bewegen sich regelmäßig im tatbestandlichen Rahmen der einschlägigen materiellen Steuernormen, weswegen die Finanzverwaltung in diesen Fällen nicht selten als letzte Verteidigungslinie einen Gestaltungsmissbrauch gemäß § 42 AO behauptet – wie geschehen in Bezug auf cum-ex-Geschäfte. Ein Gestaltungsmissbrauch ist als solcher nicht strafbar. [ref]Siehe BFH, Beschl. v. 01.02.1983 – VIII R 30/80BStBl. II 1983, 534; Koenig, in: Pahlke/Koenig, AO, 2. Aufl. 2009, § 42 Rn. 9; vgl. auch Tiedemann, NJW 1980, 1557.[/ref] Eine Strafbarkeit kommt aber über § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO in Betracht, falls die Finanzbehörden pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis gelassen werden.[ref]Siehe BFH, Beschl. v. 01.02.1983 – VIII R 30/80BStBl. II 1983, 534; BFH, Beschl. v. 14.12.2000 – II B 123/99BFH/NV 2001, 738; Koenig, in: Pahlke/Koenig, AO, 2. Aufl. 2009, § 42 Rn. 9; Jäger, in: Klein, AO, 11. Aufl. 2012, § 370 Rn. 26 und 31.[/ref]

Wie oben dargelegt, besteht bei cum-ex-Geschäften ebenfalls ein Anspruch auf Steuererstattung bzw. Anrechnung, da es auf allein auf die Vorlage der Original- steuerbescheinigung nach § 45a Abs. 3 EStG ankommt.[ref]Siehe oben II., 1.[/ref] Weiteres ist unerheblich.

Schon aus diesem Grund ist § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO nicht verwirklicht.

Im Übrigen ist zwar umstritten, wann im Einzelfall vom Steuerpflichtigen verlangt wird, solche Umstände offen zu legen, hinsichtlich derer er eine von der Verwaltungsmeinung abweichende Rechtsauffassung zugrunde liegt.[ref]Siehe zum Meinungsstand Dörn, wistra 1992, 241 ff.; Dörn, DStZ 1993, 478, 483 ff.; Fissenewert, DStR 1992, 1488 ff.[/ref] Zuweilen wird vertreten, eine Offenlegungspflicht scheide bereits aus, wenn die Rechtsansicht des Steuerpflichtigen objektiv vertretbar sei.[ref]So Dörn, wistra 1992, 241 ff.; Dörn, DStZ 1993, 478, 483 ff.[/ref]Nach anderer Auffassung sind Sachverhaltselemente, deren rechtliche Relevanz objektiv zweifelhaft sei, der Finanzbehörde offen zu legen.[ref]So BGH, Urt. v. 10.11.1999 – 5 StR 221/99NStZ 2000, 203, 204; BGH, Urt. v. 15.11.1994 – 5 StR 237/94wistra 1995, 69; BGH, Beschl. v. 08.08.1985 – 2 ARs 223/85NStZ 1986, 37, 38.[/ref] Wiederum andere Stimmen fordern eine Offenlegung nur, wenn der Steuerpflichtige eine eindeutig von der herrschenden Meinung in Rechtsprechung, Finanzverwaltung und Literatur abweichende Rechtsauffassung vertritt.[ref]Siehe Blumers, Steuerberatung und Steuerstrafrecht – Grenzbereich zu strafrechtlich relevanten Handeln -, in: StbJb. 1983/84, S. 319, 332 ff.; Harms, Stbg 2005, 12, 14.[/ref]

Bis 2009 gab es keine klare Verlautbarung seitens der Finanzverwaltung, dass eine Anrechnung von Kapitalertragsteuer bei cum-ex-Transaktionen nicht möglich sein sollte. Aus dem BMF-Schreiben vom 5.5.2009[ref]Hierzu oben I., 2.[/ref] ergab sich dann, dass eine Anrechnung dann nicht zulässig sein sollte, wenn Leerverkäufer und Erwerber Absprachen getroffen hatten, die einen wirtschaftlichen Zusammenhang zwischen dem Leerverkauf und dem Kauf begründeten – ansonsten aber grundsätzlich schon. Erst seit Kurzem hat die Finanzverwaltung gegenüber cum-ex-Geschäften die Position eingenommen, dass bei Leerverkäufen um den Dividendenstichtag eine Anrechnung wohl generell unzulässig sei. Für Geschäfte vor dem genannten BMF- Schreiben mussten die Steuerpflichtigen daher nicht von einer entgegenstehenden Ansicht der Finanzverwaltung ausgehen. Mit Veröffentlichung des BMF-Schreibens mag sich zwar eine abweichenden Ansicht der Finanzverwaltung manifestiert haben; diese ist allerdings rechtlich kaum haltbar. Entgegen stehen die einschlägigen Entscheidungen des BFH ebenso wie die herrschende Meinung im Schrifttum. Objektiv ist die Rechtslage also nicht zweifelhaft, sondern eindeutig. Dies schließt Offenlegungspflichten, etwa bezüglich Leerverkäufen, und damit eine Anwendung von § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO ebenfalls aus.

IV.  Zusammenfassung

Die öffentliche Diskussion um cum-ex-Transaktionen ist derzeit leider von allgemeiner Aufgeregtheit statt von Rechtsargumenten geprägt.

Entsprechend der einschlägigen Rechtsprechung sowie dem herrschenden Schrifttum bestand – bis 31.12.2011 – ein Anspruch auf Anrechnung bzw. Erstattung von Kapitalertragsteuer selbst dann, wenn cum-ex-Geschäfte zugrunde lagen. Auf Grund der Formalisierung des Verfahrens kommt es allein auf die Vorlage der Steuerbescheinigung nach § 45a Abs. 3 EStG-a.F. an.

Die Finanzverwaltung versucht mit der gegenteiligen Auffassung offensichtlich zu kaschieren, dass die eingetretenen Steuerausfälle auf die jahrelange Untätigkeit des Gesetzgebers zurückgehen. Überraschen kann dies nicht, denn materiell werden die Steuergesetze im BMF vorbereitet.

Angesichts der steuerlichen Rechtmäßigkeit der Kapitalertragsteueranrechnung bzw. Erstattung sind zugleich die erhobenen Vorwürfe der schweren Steuerhinterziehung haltlos und bewegen sich in die Nähe der Verfolgung Unschuldiger gemäß § 344 StGB.

Aber selbst wenn man steuerlich eine abweichende Rechtsansicht vertreten wollte, kommt eine Steuerstrafbarkeit nach allgemeinem Strafrecht nicht in Betracht. Eine Strafbarkeit kann nämlich allenfalls über eine Gesamtbetrachtung beider Steuerbescheinigungen angenommen werden – was jedoch eine Zurechnung entweder über § 25 Abs. 2 StGB oder § 25 Abs. 1 2. Alt. StGB voraussetzen würde: Eine mittäterschaftliche Begehung ist mangels gemeinsamen Tatentschlusses zu verneinen; für eine mittelbare Täterschaft fehlt es an der erforderlichen Tatherrschaft.  Soweit der jeweilige Steuerpflichtige vor den fraglichen Transaktionen professionellen Rechtsrat eingeholt hat, läge jedenfalls ein unvermeidbarer Verbotsirrtum i.S.v. § 17 S. 1 StGB vor, welcher zugleich die Möglichkeit einer leichtfertigen Steuerverkürzung gemäß § 378 AO ausschließen würde.

Was eine strafrechtliche Verantwortlichkeit von steuerlichen Beratern betrifft, so ist deren Mitwirkung an etwaigen Steuerstraftaten nur dann strafbar, wenn der jeweilige Berater Kenntnis von der Unrichtigkeit der von ihm in der Steuererklärung gemachten Angaben hat.

(Artikelbild: © Lupo | pixelio.de)

5 Kommentare
  1. ThomasM sagte:

    Mich wundert immer wieder, wie mit Fußnotenfriedhöfen die Grundlagen verstellt werden. Die Kapitalertragsteuer ist eine Erhebungsform der Einkommensteuer. Wird sie mehrfach angerechnet, muss sie auch mehrfach festgesetzt worden sein, was jedoch nicht der Fall ist. Auch ohne ontologische Kenntnisse ist dies nachvollziehbar. Daher sind Ausführungen zum Verbotsirrtum sehr kühn. Es handelt sich um die Parallelwertung in der Laiensphäre.

    • A.H. sagte:

      Mich wundert immer wieder, wie man mit plakativen Aussagen statt mit Fakten argumentiert. Welche Fußnoten halten Sie für veraltet und wieviel Prozent machen diese von den ca. 87 Quellenangaben aus? Darüber hinaus machen Sie sich es sehr einfach, wenn Sie eine Rechnung nach dem Stil „x mal festgesetzt = x mal anrechenbar“ aufmachen. Denn der Gesetzgeber hält sich im Ergebnis selbst nicht an diese Formel.
      Kühn finde ich es, in einem Land, in dem die überwiegende Mehrheit nicht einmal ihre eigene Steuererklärung machen kann, mit einer Parallelwertung in der Laienspäre zu kommen. Im Ergebnis verlangen Sie gerade, dass sich jemand in einem Thema, welches vom Fiskus jahrzehntelang nicht erkannt, nicht verstanden oder schlicht nur geduldet wurde, über die Meinung mehrerer renommierter Kanzleien hinwegsetzt. Als Laie!?

  2. D. A. sagte:

    Lieber Herr Hellinger,

    vielen Dank für die Bereitstellung des Aufsatzes von Herrn Podewils.

    Dieser Beitrag stellt ein angenehmes Gegengewicht zu den tw. unerträglichen Aussagen in diversen Zeitungen der letzten Tage und Wochen dar.

    Die häufige Vermischung von steuer- und strafrechtlichen Zusammenhängen (häufig gespickt mit plumper Polemik) in vielen Artikeln der sog. „Qualitätsmedien“ ist erschreckend.

    Umso ehrenhafter ist es, dass sich trotzdem einige (u.A. auch Seer) bereit erklären, gegen „den Strom“ zu schwimmen und sich mit der Thematik ernsthaft auseinanderzusetzen.

    Bei aller (sicher tw. berechtigten) Kritik an u.A. Hanno Berger wird hier der Bogen des Zulässigen ud Legitimen m.E. weit überspannt.

    Ein Berufskollege.

    • A.H. sagte:

      Das freut mich zu lesen. Ich merke im Moment auch in dem entsprechenden Artikel auf wikipedia, dass es eine verstärkte Intension gibt, den Sachverhalt zu kriminalisieren und eine sachliche Diskussion zu verlassen. Das liegt wohl daran, dass das Thema den jetzigen Zeitgeist trifft; Banken-Bashing steht hoch im Kurs.

  3. subway forever sagte:

    Bin über wikipedia hier hergekommen. Endlich mal was mit Hand und Fuß, auch wenn es schwieriger zu lesen ist. Aber das sonstigeseichte Focus-Geplänkel lässt einiges an Details vermissen.

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